Äthiopien:

 

Freiheit für politische Gefangene

 

 

Prof. Mesfin Woldemariam im Krankenhaus ©privat

 

 

Der Zustand des 76-jährigen Menschenrechtsverteidigers hat sich nach der Behandlung seiner Lungenentzündung im Polizeikrankenhaus von Addis Abeba gebessert, er wurde inzwischen in das Kaliti-Gefängnis zurückgebracht. Die Haftbedingungen sind extrem schlecht, sodass zu befürchten ist, dass sich der Gesundheitszustand des gewaltlosen politischen Gefangenen wieder verschlechtern wird. Er war am 18. August 2006 ins Polizeikrankenhaus eingewiesen worden, nachdem er in seiner Gefängniszelle kollabiert war. amnesty international befürchtet indes, dass seine Gesundheit aufgrund der Zustände in dem Gefängnis wieder Schaden nehmen könnte. Er ist zusammen mit anderen Häftlingen in einer großen Zelle mit Zinkwänden untergebracht. In Äthiopien ist gerade Regenzeit, so dass die Zelle kalt und feucht ist. Die sanitären Einrichtungen und hygienischen Verhältnisse sind extrem schlecht, und in der Zelle gibt es Flöhe, Kakerlaken und Ratten. Abgesehen von der Lungenentzündung, an der er vor kurzem erkrankt war, leidet er an Rücken- und Beinbeschwerden. Diese gesundheitlichen Probleme sind dem Vernehmen nach im Kaliti-Gefängnis nicht behandelt worden.

 

Demonstranten wegen „Hochverrat“ vor Gericht

 

Bereits im Vorfeld der Wahlen vom Mai 2005 wurden Kandidaten und Anhänger der Opposition festgenommen, geschlagen und eingeschüchtert. Als das vorläufige Wahlergebnis mit einem kleinen Vorsprung zugunsten der Regierungspartei veröffentlicht wurde, gab es friedliche Proteste gegen vermuteten Wahlbetrug, die sofort verboten wurden. Die Oppositionsparteien demonstrierten friedlich weiter mit Hupkonzerten und Arbeitsniederlegungen. Die Regierung setzte eine spezielle Armeeeinheit mit Schießbefehl ein. Dabei wurden 36 Demonstranten getötet, viele verwundet und etwa 9000 verhaftet.

Als im November 2005 erneut demonstriert wurde, kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen: 42 Demonstranten und 7 Polizisten wurden getötet. Über 10.000 Oppositionelle wurden verhaftet. Nach Misshandlungen wurden viele wieder freigelassen. Zur Zeit findet der Prozess wegen Hochverrat (!) für 131 Oppositionelle, Menschenrechtler und Journalisten statt.

 

Prof. Mesfin Woldemariam ©ai

 

Der bekannteste ist der 75-jährige Prof. Mesfin Woldemariam, Gründer und ehemaliger Vorsitzender des „Äthiopischen Menschenrechtsrates“ und emeritierte Geographieprofessor, seit Anfang November 2005 im Gefängnis, unter anderem, weil er an einer gewaltlosen Demonstration teilgenommen hat. Auf viele der ihm zur Last gelegten Vergehen steht die Todesstrafe.

 

Kifle Mulat

 

 

Kifle Mulat, zu Besuch im amnesty-Büro in London ©ai

 

Der Präsident der „Äthiopischen Freien Journalisten“ Kifle Mulat war früher bereits mindestens 7 mal verhaftet. Als er gerade auf einer Konferenz im Ausland war, erfuhr er von den Schießereien und Massenverhaftungen in Addis Abeba. Er wurde polizeilich gesucht, was bedeutete, dass er bisher nicht in seine Heimat zurückkehren konnte. Er wurde in Abwesenheit des „Aufruhrs gegen die Verfassung“, ja des Völkermordes (?!) angeklagt, mit der Folge, dass ihm die Todesstrafe droht.

 

Dr. Berhanu Negga

 

Der gewählte Bürgermeister von Addis Abeba, Prof. für Ökonomie, Dr. Berhanu Negga (50), ist nach seiner Verhaftung in schlechter gesundheitlicher Verfassung. Mittlerweile ist er nunmehr in eine weniger überfüllte, sauberere und besser belüftete Zelle im Kaliti-Gefängnis von Addis Abeba verlegt worden. Er teilt sich jetzt eine Gefängniszelle mit 35 Mitinsassen an Stelle von 270 Häftlingen, die in der ursprünglichen Zelle untergebracht waren. Die Haftbedingungen in der Haftanstalt sind nach wie vor sehr schlecht, aber zumindest ist mit dieser Verlegung zu erwarten, dass sich der Gesundheitszustand von Dr. Berhanu Negga nicht weiter verschlimmern wird.

 

Dr. Berhanu Negga  ©ai

 

Dr. Berhanu Negga leidet an hohem Blutdruck und einer gravierenden Herzmuskelerkrankung. Am 9. Juni 2006 war er nach akuten Atembeschwerden in ein Krankenhaus eingeliefert worden, wurde jedoch nach 20 Tagen gegen den Rat der Ärzte und ohne Untersuchung durch den ihm empfohlenen Facharzt in die überfüllte Zelle des Gefängnisses zurückgebracht.

 

Anteneh Getnet

 

Anteneh Getnet, Mitglied der Lehrergewerkschaft „Ethiopian Teachers' Association“ (ETA), wurde im Sept. 2006 in Addis Abeba festgenommen, er war ohne Kontakt zur Außenwelt ohne Anklage in Haft. Kurz nach der Festnahme von Wasihun Melese erschienen drei Männer in Zivil im ETA-Büro in Addis Abeba, die später gesehen wurden, wie sie mit Anteneh Getnet das Gebäude wieder verließen. Anteneh, ebenfalls Lehrer und ETA-Mitglied, hatte gerade an einem Treffen von Lehrern aus der Region Addis Abeba teilgenommen. Sein Aufenthaltsort ist seitdem nicht bekannt. Er war bereits im Mai dieses Jahres offenbar von Angehörigen der Sicherheitskräfte verschleppt und geschlagen worden und leidet immer noch an den Folgen der zugefügten Verletzungen. Am 5.10.06 wurde er gegen Kaution aus der Haft entlassen, aber die Anklage ist nicht zurückgezogen worden.

 

Diese jüngsten Festnahmen sind möglicherweise eine Reaktion der äthiopischen Behörden auf eine Beschwerde, welche die ETA zusammen mit dem internationalen Gewerkschaftsverband „Education International“ und dem Ausschuss für Vereinigungseinheit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) eingereicht hat, um gegen die Behinderung von ETA-Aktivitäten und die Einschüchterung von ETA-Mitgliedern durch die Behörden zu protestieren, darunter die Festnahme zahlreicher Lehrer seit Mai 2005.

 

 

Anteneh Getnet  ©privat

 

Die Lehrergewerkschaft „Ethiopian Teachers' Association“ (ETA), ist die älteste Gewerkschaft Äthiopiens, der etwa eine halbe Million Grund-, Mittel- und Hochschullehrer angehören. Die ETA hat wiederholt die Bildungspolitik der Regierung kritisiert, und die Regierung hat immer wieder versucht, die Gewerkschaft zu schließen und sie durch eine regierungstreue Gewerkschaft gleichen Namens zu ersetzen.

 

Die ETA hat in Verlautbarungen die Regierung auch in Zusammenhang mit der Krise des Landes seit den Wahlen vom Sommer vergangenen Jahres kritisiert. Bei zwei Vorfällen vom Juni und November 2005 waren über 80 Anhänger der Opposition von den Sicherheitskräften getötet worden, und sieben Polizeibeamte starben bei gewaltsamen Protesten gegen angebliche Wahlmanipulationen beim Urnengang vom Mai 2005. Anschließend kam es zu Massenfestnahmen von Mitgliedern der Oppositionsparteien, von denen viele dem Vernehmen nach weiterhin ohne Anklage festgehalten werden. Hunderte von Lehrern und ETA-Mitgliedern sind in den vergangenen Jahren inhaftiert oder willkürlich aus ihrer Stellung entlassen worden, offenbar weil sie keine Anhänger der Regierungspartei „Ethiopian People’s Revolutionary Democratic Front“ (EPRDF) waren.

Neue Informationen

Der Vorsitzende der unabhängigen Untersuchungskommission für die Unruhen nach der Wahl Dr. M. Disasa, stellte jetzt den Bericht vor. 199 Tote, darunter 6 Polizisten und 30 000 Inhaftierte wurden aufgelistet. Der stellvertretende Vorsitzende der Kommission, fürchtete um seine Sicherheit und floh mit zwei weiteren Mitgliedern außer Landes. Er sagte, unbewaffnete Demonstrierende seien erschossen, geschlagen und zu Tode stranguliert worden. Wenn das keine exzessive Gewalt sei, wisse er nicht, was exzessive Gewalt sei. Weil die drei Mitglieder nicht bereit gewesen seien, ihre Untersuchungsergebnisse zu ändern, hätten sie das Land verlassen. Das Untersuchungsteam sei unter massiven Druck der Regierungspartei geraten, als diese von den Ergebnissen ihrer Untersuchungen erfahren habe. Das Büro sei von Sicherheitskräften umstellt worden. Sie seien vom Premierminister aufgefordert worden, ihre Ergebnisse zu ändern.

 

Die Forderungen von amnesty international

ai setzt sich weltweit auf der Grundlage der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gegen Menschenrechtsverletzungen ein. Die Organisation arbeitet weltweit unabhängig von Regierungen und politischen Parteien. Sie hat  zur Zeit mehr als 1 Million Mitglieder in 140 Staaten.

 

Was Sie tun können:

 

Schicken Sie die Karte an den äthiopischen Premierminister. Fordern Sie weitere Karten für Ihre FreundInnen und Bekannten an. Unterschreiben Sie unsere Petitionslisten. Helfen Sie in einer ai-Gruppe mit. Unterstützen Sie die Menschenrechtsarbeit von amnesty international mit einer Spende.

 

Für uns ist es nur eine Postkarte,

für sie kann es das Überleben bedeuten!

 

Weitere Informationen erhalten Sie von

amnesty-Gruppe 1190, Postfach 164, 58001 Hagen, Friedhelm Kuhl: eMail: info@amnesty-hagen.de, Fax: 02331/ 82631

Gerhard Schoene: 02334 / 43044

 

Sie erhalten eine Spendenbescheinigung: Bank BfS, Kto Nr.: 8090100, BLZ: 370 205 00 (Kennzahl für Hagen: 1190)

 

Die Hagener amnesty Gruppe war 2006 wieder sehr fleißig. Wir haben Briefe in ca. 100 Länder der Welt gesendet, um die Einhaltung der Menschenrechte zu verlangen. Wir haben Unterschriften gegen illegale Gefängnisse (z.B. Guantanamo) und gegen Genitalverstümmelungen an Mädchen und Frauen gesammelt. Mit Mahnwachen, Vorträgen und Informationsständen haben wir darauf aufmerksam gemacht. Eine ganze Anzahl politischer Gefangener wurden freigelassen. Antworten (z.T. ausweichende) haben wir erhalten aus England, USA, Russland, Mexiko, Israel, Ukraine... Helfen Sie uns bei unserer ehrenamtlichen Arbeit, zur Einhaltung der Menschenrechte weltweit beizutragen.

 

Rückmeldung an: amnesty international, Postfach 164, 58001 Hagen (per Brief), Fax: 02331 82631 oder eMail

 

O       Ich habe die Karte an den äthiopischen Ministerpräsidenten am ________ abgeschickt.

O       Ich bitte um die Zusendung weiterer (gleicher) Karten, Anzahl: ________.

O       Ich bitte um die monatliche Zusendung vorbereiteter Briefe (Portokosten ca. 40 € pro Jahr).

O       Ich bitte um weitere Informationen über Äthiopien.

O       Ich bitte um den amnesty-Jahresbericht 2006: Fischer-TB, 525 S.: interner Preis: 10 €.

O       Ich möchte Unterschriften sammeln.

O       Ich möchte in der Gruppe mitarbeiten (Treffen am 2. Montag im Monat im AllerWeltHaus).

O       Ich möchte spenden (Überweisungsträger liegt bei).

O       Ich möchte regelmäßig spenden: Fördererklärung unterschreiben und zuschicken.

O       Schicken Sie diese Information auch an: (Name, Straße, Ort): ____________________________